Chronik der Freiwilligen Feuerwehr Stockum
In alten Zeiten kamen die Bewohner der Ortschaft Stockum auf der Gildstelle (Ecke Mittelstraße und Gerdesstraße) des Dorfes zusammen und beratschlagten, was im Falle eines Brandes zu tun sei. Am 20.03.1817 wurde über die Hilfeleistung für den Notfall bei Feuerausbruch beraten und beschlossen eine Spring (Brunnen) zu bauen.
An der alten Schule, die mitten im Dorf an der Gildstelle lag, sollte dieser Spring gebaut werden. Der Bauer Beckhoff stellte, da sein Land an die Schule angrenzte, den Grund zum Bau eines Springes unentgeltlich zur Verfügung. Die Steine wurden aus dem Steinberg geholt. Im Falle eines Brandes waren die Bewohner nun verpflichtet, Wasser zu schöpfen, um den Brand zu löschen. Als sich nun die Ortschaft nach und nach vergrößerte, ging man dazu über, daß jeder Hausbesitzer eine Leiter, Feuerhaken, Eimer und Laterne haben mußte. Jedes Jahr wurde von einer Kommission kontrolliert, ob alles in Ordnung war. Dieses nannte man die Feuervisitation.
Aus Anlaß eines Ministerialerlaßes vom 28. Dezember 1898 und auf Anregung der Amtsversammlung kamen am 19. August 1899 eine Anzahl Bürger von Stockum und Düren im Motzschen Saal (jetzt “Sportlerklause”) zusammen, um über die Bildung einer Feuerwehr zu beraten. Sie kamen zu dem Ergebnis, eine freiwillige Feuerwehr zu gründen, indem man sich sagte:
“Stockum und Düren sind eng verwandt,
woll’n bilden einen Löschverband,
woll’n retten gemeinsam in der Not,
des Nächsten Habe, ohne Lohn”
Es traten sofort 72 Mitglieder ein. An Wehrgeräten wurden von den Gemeinden Stockum und Düren zur Verfügung gestellt: Eine Drucksaugspritze, zwei Kuffen, eine Gerätewagen mit Schlauchhaspel und 120 Meter Hanfschlauch. Zur Ausarbeitung der Statuten wurden die Mitglieder Kleffmann, Hollberg, Stoltenberg, Mußmann, Wohlfahrt, Schmitt und Ortmann gewählt. Das Protokoll führte der Amtssekretär Ortmann.
In der am 26.August 1899 stattgefundenen Versammlung wurde das Statut festgesetzt und der Vorstand gewählt. Zum 1. Chef wurde der Amtssekretär Gustav Ortmann gewählt. Auch wurde die Wehr wie folgt aufgestellt:
- Steigermannschaft (12 Mann), Führer: Adam Mattheis
- Spritzenmannschaft (17 Mann), Führer: Gustav Motz
- Kuppenabteilung (14 Mann), Führer: Wulfes Düren
- Ordnungsmannschaften (19 Mann), Führer: Heinrich Schmidt
Sirenen kannte man damals noch nicht. Es wurden Signalhörner ausgegeben. Signalhörner erhielten die Kameraden, die während der Militärzeit Hornisten waren und zwar:
- Hornist Heil (Bruch und Vöckenberg)
- Hornist Fritz Bart (untere Chaussee und Himmelohstraße)
- Hornist Wilhelm Schulte (Heide)
- Hornist Ehlhoff (obere Chaussee ab Otto Schulte bis Fabrik Lindemann und Dorfstraße)
- Hornist Grigart (Düren und Wilhelmshöhe)
Am 24. September 1899 konnte die erste Übung auf dem Schulplatz (Harkortschule) abgehalten werden. In diesem Jahr wurde auch, für alle aktiven Wehrleute, eine Unfallversicherung abgeschlossen und Schneidermeister Ludwig Kirch fertigte die ersten Uniformen aus grauem Tuch an. Für die Benutzung der Uniformen mußte jeder Wehrmann 5,- DM Kaution hinterlegen, die er beim Austritt wieder zurückerhielt, wenn die Uniform in gutem Zustand abgegeben wurde. Ausrüstungsstücke, Helme, Gurte, Taue und Leitern lieferte die Firma Meyer aus Hagen. Für das Gerätereinigen wurden jährlich 20,- DM bezahlt.
Der Steigerturm wurde 1899 von der Firma Reineken & Lohmann aus Unna hinter der evangelischen Schule errichtet.
Zur Übung und Arbeiten auf den Brandplätzen erhielt 1901 jeder Wehrmann eine Segeltuchjacke, welche nach Maß angefertigt wurde. Ebenso eine Wachstuchmütze. Am 24.Februar 1901 wurde die Fahne (Banner) eingeweiht. Lieferant war die Firma Reinke in Hannover. Kostenpunkt 270,- DM. Die Fahnenweihe fand am 24.März 1901 statt.
1901 trat die Wehr dem Ruhrtal – Hellweger Gauverband bei.
Am 20. Oktober 1901 legte Amtssekretär Ortmann wegen Versetzung nach Langendreer sein Amt als Chef nieder. An seiner Stelle wurde der Landwirt Heinrich Ostermann gewählt.
1902 erhielt Stockum Wasserleitungen, das erhöhte die Schlagkraft der Wehr. 1908 legte Heinrich Ostermann infolge Krankheit sein Amt als Löschzugführer nieder.
Als dessen Nachfolger wurde der Anstreichermeister Richard Strücker gewählt. Derselbe blieb in seinem Amt bis zum Jahre 1920, trat dann aber ebenfalls aus Gesundheitsgründen zurück. Er wurde zum Ehrenchef ernannt. Sein Nachfolger wurde der Bäckermeister Otto Stoltenberg und dessen Stellvertreter Karl Zarges. Von den 72 Gründern der Wehr gehörten ihr jetzt noch 8 Mitglieder an. Die Löschgeräte wurden bis zum Jahre 1913 in dem alten Spritzenhaus an der alten Meldestelle aufbewahrt. Dieses diente früher als Arrestlokal nach dem Namen des Arrestanten Bernhard Frede “Fredenburg” genannt. Da es baufällig war, wurde es abgebrochen und an seine Stelle ein neuzeitlich eingerichtetes Gerätehaus auf dem Schulplatz neben dem Steigerturm errichtet.
1929 wurde Stockum nach Witten eingemeindet. Die Wehr blieb innerhalb des gegründeten Kreisverbandes selbstständig.
1930 wurden die ersten Sirenen installiert und jeder Wehrmann erhielt einen Plan über die Lage der Hydranten.
Die Kameraden Mattheis und Heinrich Grünewald erhielten am 6.April 1931 das staatliche Erinnerungszeichen für Verdienste im Feuerlöschwesen. Schon zu damaligen Zeiten hatte die Wehr nicht nur Schadenfeuer zu bekämpfen. Industrie und Technik waren auf dem Vormarsch. Die Einwohnerzahl stieg. Auch die Feuerwehr verspürte diese Entwicklung. War sie bisher mit Löschkarren und danach mit einer von Pferden bespannten Handdruckspritze ausgerüstet, so konnte 1937 der Freiwilligen Feuerwehr Stockum, unter der Leitung von Löschzugführer August Mattheis, ein hochmodernes, motorisiertes Löschfahrzeug übergeben werden.
Der 2.Weltkrieg brachte der Wehr neue und größere Aufgaben. Viele Kameraden wurden zum Wehrdienst eingezogen. Einige kehrten nicht in ihre Heimat zurück.
Hilfsdienstverpflichtete wurden für den Dienst in der Wehr eingesetzt. Der Bombenhagel in den letzten Kriegsjahren brachte für die Feuerwehr viel Arbeit und Einsätze. Aber nicht nur bei Bränden bewährte sie sich bestens, sondern auch bei Notfällen und Bergung verschütteter Mitbürger.
Weit über die Grenzen hinaus taten die Wehrmänner unter größter Lebensgefahr ihre Pflicht. Nach dem Einmarsch der Alliierten im Jahre 1945 gerieten Geräte, Ausrüstung und Fahrzeug in Verlust. Ein Brandschutz war nicht mehr gegeben.
Durch Vorschriften der Besatzungsmacht mußte die Wehr wieder aufgebaut werden. Dieses war eine sehr schwere Arbeit, da kaum noch Männer zu finden waren, die eine “Uniform” anziehen wollten. Mit viel Mühe gelang es doch auch jetzt wieder eine schlagkräftige Wehr aufzubauen.
Da sich der Ortsteil Stockum immer mehr vergrößerte, mußte auch die Feuerwehr mitwachsen, um den Anforderungen des Brandschutzes gerecht zu werden. Am 23. September 1960 wurde am Heuweg in Stockum ein neues Gerätehaus eingeweiht. Übergeben wurde das neue Gerätehaus von dem damaligen Kreisbrandmeister Rötgerding an Brandmeister Ernst Berger. Außer einer Halle mit vier großen Toren für die Feuerwehrfahrzeuge verfügte es über zwei Wohnungen für Mitglieder des Löschzuges. Aus dem Löschzug zogen die Kameraden Alfred Mattheis sen. und Erich Bommer mit ihren Frauen in das neue Gebäude ein.
Nicht nur die Anforderungen an Unterbringung der Gerätschaften und Feuerwehrleute, sondern auch die Anforderungen an modernen Löschgeräten stieg. So konnte die Stockumer Wehr unter der Leitung von Löschzugführer Alfred Mattheis sen. im Jahre 1963 ein neues Löschfahrzeug, ein LF 8 (Löschgruppenfahrzeug) auf Opel-Fahrgestell durch den damaligen Stadtrat Dr. Kessler entgegennehmen.
Zur damaligen Zeit hätte wohl niemand damit gerechnet, das gerade dieses Fahrzeug der Stockumer Wehr über 18 Jahre lang, bis 1981, treue Dienste leistete und nur durch den Umstand einer nicht zu reparierenden Vorbaupumpe dem Löschzug verloren ging, um ohne diese in einem anderen Gerätehaus seine Dienste fortzusetzen.
Übergangsweise erhielt der Löschzug Stockum ein LF 8 vom Löschzug Schnee, bis Erich Bommer, der den Löschzug 1975 von dem in den Ruhestand getretenen Löschzugführer Alfred Mattheissen übernommen hatte, ein neues LF 8 Marke Mercedes mit Schlingmann-Aufbau von dem Leiter der Berufsfeuerwehr – Witten, Heinrich Steinforth am 28.08.1982 entgegennehmen konnte, das bis zum Jahre 2000 im Dienst der Wehr stand. Im Jahre 1987 übernahm Manfred Kohlstadt das Amt des Löschzugführers, da Kamerad Erich Bommer aus gesundheitlichen Gründen aus dem aktiven Dienst austrat.
Allein in den letzten Jahren hatte die Freiwillige Feuerwehr Stockum eine Vielzahl von Einsätzen, von denen hier nur die größeren erwähnt sind.
So rückte die Stockumer Wehr am 10. März 1959 zu einem Scheunenbrand des Bauern Große-Ötringhaus am Katteloh, am 10. April 1971 zum Brand der Firma Kromberg und Schubert, sowie im März 1973 zum Scheunenbrand beim Bauern Hollberg im Stockumer Bruch aus.
Im August 1973 hatten die Wehrleute bei einem Dachstuhlbrand der Schreinerei Platte in der Mühle von Bauer Schulte alle Hände voll zu tun.
Nicht zu vergessen die Beteiligung des Löschzuges Stockum bei den Löscharbeiten eines Großbrandes der Lagerhalle Delog-Detag im Juli 1976. Anfang März 1983 war die Stockumer Wehr bei Löscharbeiten eines umgestürzten Tanklastzuges auf der A 44 (unterhalb der Autobahnbrücke Bebbelsdorf) über 18 Stunden im Einsatz.
Erwähnt sei noch der Brandeinsatz in der Stadtbücherei in Annen im November 1983, der Hallenbrand der Chemiefarbrik Pelzer im Mai 1985, der Brand der Gaststätte “Försterhaus” auf dem Wartenberg im Juli 1987 und der Dachstuhlbrand im Wohnhaus der Stockumer Firma Handtke im Mai 1988.
Aber nicht nur Brandeinsätze gehören zum Einsatzalltag der Stockumer Wehrmänner, sondern auch technische Hilfeleistungen, wie das Auspumpen von überfluteten Kellern und das Beseitigen von umgestürzten Bäumen. So waren die freiwilligen Wehrleute aus Stockum z.B. im Juni 1981 von 14.00 bis 22.00 Uhr in ganz Stockum unterwegs, um nach einem Unwetter Keller auszupumpen.
Aber auch durch öffentliche Veranstaltungen machte die Freiwillige Feuerwehr Stockum bei den Bürgern des Ortsteils im Laufe der Jahre von sich Reden. So sind z.B. das Fußballturnier, das jährlich zwischen 1977 und 1985 stattfand, sowie das Sommerfest, das seit 1982 stattfindet, den Stockumer Bürgern ein Begriff.
Am 20.08.1989 wurde im Rahmen eines großen Zeltfestes am Vöckenberg das 90-jährige Bestehen der Löscheinheit Stockum unter großer Teilnahme der Bevölkerung und der befreundeten Wehren und Vereine gefeiert. Der anläßlich des Jubiläums durchgeführte Leistungsnachweis der Feuerwehren des Ennepe-Ruhr-Kreises wurde auf der Bezirkssportanlage oberhalb des Festplatzes ausgerichtet. Die Jubiläumsveranstaltungen werden allen Beteiligten sicher noch in guter Erinnerung sein.
In den letzten Jahren sind fast alle Kameraden der Wehr mit Funkmeldeempfängern ausgerüstet worden; damit konnte die für die Anwohner störende Sirenenalarmierung entfallen.
Das umgebaute Löschgruppenfahrzeug LF 8 der Löscheinheit Stockum verfügt nun über Notstromerzeuger, Tauchpumpe, Lichtstativ, Motorsäge und Starkstromwerkzeugkasten und ist damit für Einsätze größeren Umfangs gerüstet. Im Frühjahr 1990 war dieses Fahrzeug bei Unwettereinsätzen pausenlos im Einsatz
Inzwischen waren 2/3 aller Kameraden in der Löscheinheit mit Wetterjacken und einer speziellen Einsatzuniform ausgerüstet.
Im Jahre 1995 erhielt die Löscheinheit Stockum im Zuge einer Tauschaktion einen TFL 8/18 (schwer) von der Berufsfeuerwehr, während das TLF 8/18 (Unimog) nach Buchholz überstellt wurde.
Im gleichen Jahr feierte auch der Ehrenoberbrandmeister Alfred Mattheis seinen 85. Geburtstag mit den Stockumer Kameraden. Ein Jahr später fand eine erneute Tauschaktion von Löschfahrzeugen statt. Die Stockumer Wehr erhielt von der Löscheinheit Rüdinghausen ein TFL16 und das TFL8/18 erhielten die Kameraden der Löscheinheit Schnee.
Außerdem wurde die Löscheinheit Stockum mit den neuen Dräger-Helmen ausgerüstet. In diesem Zusammenhang wurde auch gleichzeitig die Umstellung auf die Überdruck-Atemschutzgeräte durchgeführt. Zu den Aufgaben des freiwilligen Feuerwehrmannes gehören heutzutage neben mehrmals monatlich durchgeführten Übungen Feuersicherheitswachen im Saalbau und bei Zirkusvorstellungen. Durch Teilnahme an Lehrgängen wie z. B. Atemschutz-, Maschinisten-, Technische Hilfeleistungs- und Funkerlehrgängen usw. können weitere Qualifikationen erreicht werden.
Im Jahr 1999 wurde mit der Ausrüstung der Kameraden mit der neuen HUPF-Sicherheitskleidung begonnen. In mehreren Schüben wurden alle Kameraden zunächst mit der Überjacke und danach mit der Überhose ausgestattet. Durch gute praktische und theoretische Ausbildung und die Verwendung modernster Geräte sind die freiwilligen Feuerwehren in der Lage den Anforderungen, mit denen sie bei Einsätzen konfrontiert werden, gerecht zu werden.